Skip to content
patternpool.de - ISSN 2628-829X

Lerntagebücher als Mittel der kontinuierlichen Lernstandortbestimmung

Erstellung von Lerntagebüchern als Mittel der kontinuierlichen Lernstandortbestimmung in einem ingenieurwissenschaftlichen Grundlagenfach

Metadaten

  • Autoren/-innen: Frank Rögener
  • Mentoren/-innen: Vivian Kowalzik
  • DOI: Keine DOI zugeordnet
  • ISSN: 2628-829X
  • CC-Lizenz: CC-BY (Bearbeitung erlaubt unter Namensnennung)
  • Zitiervorschlag:
    Frank Rögener (2024): Lerntagebücher als Mittel der kontinuierlichen Lernstandortbestimmung. PatternPool. doi: noch nicht zugeteilt.

Problem

Studierende arbeiten erst sehr spät – im schlimmsten Fall wenige Tage vor den Prüfungen - den Vorlesungsstoff durch und können daher während des Semesters kein Feedback über Ihren Lernfortschritt und damit zusammenhängende Probleme geben. Dozierenden können so nur schwer gezielte Unterstützung leisten und diese nur aus allgemeinen Auffälligkeiten in den Klausuren ableiten.

Anlass für die Entwicklung meiner erprobten Lehrpraxis war:

  • Akutes Defizit bzw. akuter Konflikt
  • Bestehendes bzw. strukturelles Problem
  • Persönliches professionelles Anliegen
  • Impuls aus meinem Umfeld

Lösung

Die Studierenden geben auf freiwilliger Basis in mindestens 10 von 15 Semesterwochen ein individuelles Lerntagebuch (in elektronischer Form) ab (Einbindung in das LMS ILIAS), in dem strukturierte Fragen zur jeweiligen Unterrichtseinheit beantwortet werden. Sie orientieren sich bei der Erstellung an vorgegebenen offenen Fragen. Die Lernenden bekommen durch den Tutor Feedback zu den Ausführungen.

Zusammenfassung in einem Satz

Details

Die Idee eines Lerntagebuchs basiert auf konstruktivistischen Grundsätzen: Lernen ist demnach ein aktiver Konstruktionsprozess des Lernenden, aufbauend auf eigenen Erfahrungen und (Teil)wissen. Entsprechend kann Wissen nicht einfach von einer Person auf eine andere übertragen werden kann. U.a. spielt die Situation, in der der Lernprozess stattfindet, die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden, sowie das vorherige Erleben und Wissen eine zentrale Rolle in diesem Prozess. Diese Vorgänge zu reflektieren sind Kernaufgabe des Lerntagebuchs. Darüber hinaus dient es dazu, Studierende in (indirekte) Kommunikation und Kollaboration mit den Dozent*innen zu bringen. Die Fragen zum Lernverhalten werden strukturiert als Leitfaden für die Studierenden vorgegeben.
Um die Beschäftigung der Studierenden mit dem eigenen Lernverhalten anzuregen, werden folgende Regelungen getroffen:
Es gibt Zusatzpunkte, die bei der Klausur angerechnet werden (2 %)
Die Zusatzpunkte werden gewährt, wenn 8 von 10 Tagebüchern abgegeben werden.

Vorbereitung
Die Fragen zu den Lerntagebüchern werden im LMS eingestellt. Es ist bei den Antwortfeldern im LMS eine unbegrenzte Zeichenanzahl für die Beantwortung der offenen Fragen zugelassen.
Die offenen Fragen im Lerntagebuch beziehen sich auf die vier Aspekte:
- Sachverhalte: Die Studierenden sollen das Thema der jeweiligen Veranstaltung beschreiben, aber keine reinen Inhaltsangaben abgeben.
- Persönlichen Zugang zum Gelernten („geplatzter Knoten“, weiter bestehende Schwierigkeiten, Diskrepanz zwischen wissenschaftlichen Begriffen und Alltagssprache,…) durch die Studierenden in eigenen Worten ausdrücken
- Nutzen des Gelernten beschreiben und Verbindung des Gelernten zu anderen Modulen herstellen
- Zuordnung des Stoffes zu Alltag und antizipierten Berufsbild. Beobachtungen, Fragen zum Stoff und über den Stoff hinaus.

Durchführung
Die Fragen sind für jeden Tag des Tagebuchs immer gleich, um gleiche Reflexionsprozesse anzuregen.
Die Studierenden nutzen das LMS (ILIAS) zum Hochladen ihrer Antworten.
Die Studierenden haben jeweils 6 Tage zum Hochladen ihrer Antworten Zeit.

Nachbereitung
Die Dozierenden werten die Tagebücher zeitnah aus.
Die Antworten der Studierenden werden nach Themenblöcken geclustert.
Die Antworten werden, wenn möglich, für die laufenden Vorlesungen aufbereitet und ergänzen diese umgehend.
Es werden die Zusatzpunkte pro Studierendem ermittelt.

Das Pattern ist erprobt worden in:

  • Vorlesung
  • Seminar
  • Übung

Meine Lösung hat primär damit zu tun:

  • Studierende methodisch darin zu unterstützen, sich Inhalte (allein oder in der Gruppe) anzueignen, diese zu reflektieren, zu verstehen, anzuwenden, weiterzuentwickeln, selbst zu generieren etc.
  • Dass ich als Lehrender mit den Studierenden in Kontakt komme und in Interaktion trete (Feedback, Kommunikation etc.)

Meine erprobte Lehrpraxis steht zur Forschung in folgender Beziehung:

  • Sonstiges

Digitale Medien spielen in meiner Lösung:

  • Eine gewisse bzw. mäßige Rolle (bspw. hybrides Lehrformat).

Das Pattern fördert primär:

  • Übende Aktivitäten (dienen dem Ausprobieren, der Routinebildung etc.)
  • Produktive Aktivitäten (dienen der Schaffung eigener Inhalte)

Kontext

- Hochschule für angewandte Wissenschaft
- Eingesetzt in ingenieurwissenschaftlichem Grundlagenfach, aber prinzipiell übertragbar auf verschiedene Fachbereiche
- Besonders geeignet für Studienanfangszeit
- Kurs mit aufeinander aufbauenden Inhalten
- Lösung ist eingebettet in einen Kurs (Vorlesung und Übung)
- Lösung ist grundsätzlich einsetzbar auch für große Lerngruppen (ca. 300)

Das Pattern ist erprobt worden an:

  • Fachhochschule

Das Pattern ist in folgender Disziplin (oder mehreren) zu verorten:

  • Ingenieurwissenschaften

Die Zielgruppe des Patterns besteht primär aus:

  • Studienanfängern

Folgen

Vorteile:
- Unmittelbares Feedback zur Veranstaltung und zum aktuellen Lernerfolg.
- Möglichkeit zur Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden, die sonst nicht stattgefunden hätte.
- Studierenden wird das Gefühl der Mitwirkung an der Veranstaltungsgestaltung gegeben.
- Reflexionsprozesse über das eigene Lernverhalten der Studierenden werden angeregt.
- Die Zuordnung zu eigenen Alltagserfahrungen oder antizipierter Berufspraxis verstärkt den Lernprozess.
- Da das Lerntagebuch eine schriftliche Leistung ist, fällt es schüchternen Studierenden leichter, ihre Lernschwierigkeiten und ihren Lernstand mitzuteilen.
- Durch strukturierte Abgaben des Lerntagebuchs beschäftigen Studierende sich im laufenden Semester kontinuierlich mit den Veranstaltungsinhalten und können den Workload besser managen
- Kontinuierliches Feedback gibt den Studierenden die Möglichkeit, ihren Lernfortschritt einzuschätzen und Probleme frühzeitig zu erkennen

Nachteile:
- Nicht alle Studierenden – vor allem nicht diejenigen, die besonderes Feedback bräuchten – beteiligen sich. Ein Großteil der für das Semester in ILU angemeldeten Studierenden nimmt gar nicht an der Erstellung von Lerntagebüchern teil (>80 %). Im Wesentlichen sind dies die intrinsisch motivierten Studierenden, ein weiterer Teil der Studierenden beteiligt sich nur, weil in der Klausur weniger Punkte zum Bestehen des Moduls ausreichen.
- Lerntagebücher sind auch für Großveranstaltungen geeignet, obwohl der Lese-/Korrekturaufwand sehr hoch ist. Der Aufwand besteht im Lesen der Lerntagebücher, Clustern der Ergebnisse der einzelnen Studierenden, statistische Auswertung und Umsetzung der Anmerkungen/Vorschläge in der Vorlesung.
- Da das Lerntagebuch zum Modulerfolg beiträgt, ist die Beteiligung nicht anonym; es können daher Schwellen zur ehrlichen Beantwortung bestehen.
- Das Erstellen von Lerntagebüchern kann an einer Sprachbarriere scheitern. Daher sollte die Möglichkeit der Erstellung in der Muttersprache und das anschließende Übersetzen in Deutsch durch z.B. DeepL angeregt werden.
- Bei kleiner Menge der beteiligten Studierenden basieren die Schlussfolgerungen auf nicht repräsentativen Antworten.
- Nicht immer gelingt aus Zeitgründen die Kopplung aus studentischer Erfahrung und Eingehen darauf durch die Dozierenden.

Kräfte

Im Studium wird ein hohes Maß an Eigenverantwortung von Studierenden erwartet. Insbesondere für Studienanfänger*innen kann das eine Herausforderung darstellen. Ohne unmittelbare Prüfungen oder Abgaben fällt es Studierenden häufig schwer, die Motivation für kontinuierliches Lernen aufzubringen.

Aufgrund der Komplexität und Menge des Stoffes (z.B. Vielzahl von Gleichungen) verlieren die Studierenden ggf. den Überblick und sind überfordert, wenn sie sich nicht kontinuierlich mit dem Lernstoff auseinandersetzen.

Studierenden fällt es ohne strukturierte Reflexionsmöglichkeiten häufig schwer, Lernschwierigkeiten zu identifizieren und an die Dozierenden zu kommunizieren.

Durch fehlendes Feedback der Studierenden während des laufenden Semesters gibt es keine Interventionsmöglichkeiten der Dozierenden zu mangelndem Verständnis der Inhalte von Vorlesung/Übung.

Welche widersprüchlichen Anforderungen spielen in Ihrer bewährten Lehrpraxis eine Rolle?

  • Lernen durch Zuhören/Lesen/Zusehen und Lernen durch eigenes Tun
  • Fachliche und überfachliche Kompetenzentwicklung

Beispiele/ Weiterführende Informationen

Links

  • Es wurden keine Links hinterlegt.

Dokumente/ Anhänge

  • Es wurden keine Anhänge hinterlegt.

Weiterführende Literatur

Es wurde keine weiterführende Literatur angegeben.

[dkpdf-button]

Dieser Beitrag hat 0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

An den Anfang scrollen