Lehr-/Lernvideos sind eine flexible Form der Wissensvermittlung. Gegenüber einem Präsenzvortrag haben sie den Vorteil, dass die Studierenden die Videos flexibel nutzen können: Sie können die Videos pausieren und in unterschiedlicher Geschwindigkeit und beliebig oft ansehen. Bei der Nutzung von Lehr-/Lernvideos im Rahmen eines Flipped Classroom-Konzepts werden die Videos zur Vorbereitung der Präsenzphasen genutzt, um in den Präsenzphasen gemeinsam intensiv üben zu können.
Metadaten
- Autoren/-innen: Borsdorf, Paul
- Mentoren/-innen: Bartels, Mareike Lübcke, Eileen
- DOI: 10.25592/pattern.018
- ISSN: 2628-829X
- CC-Lizenz: CC-BY (Bearbeitung erlaubt unter Namensnennung)
- Zitiervorschlag:
Borsdorf, Paul (2019): Nutzung von Lehr-/Lernvideos im Flipped Classroom. PatternPool. doi: 10.25592/pattern.018.
Problem
Bei der Vermittlung von Grundkenntnissen einer Statistiksoftware kam es zu dem Problem, dass die Präsentation durch den Dozenten in der Lehrveranstaltung für einige Studierende zu langsam und für andere Studierende zu schnell war. Manche Studierende konnten den Ausführungen des Dozenten nicht mehr folgen, wenn sie einmal den Anschluss verpasst hatten.
Anlass für die Entwicklung meiner erprobten Lehrpraxis war:
- Akutes Defizit bzw. akuter Konflikt
Lösung
Die erstellten Lehr-/Lernvideos erlauben es den Studierenden, sich die Grundlagen der Statistiksoftware in ihrem eigenen Tempo zu erarbeiten. Im Sinne des "Flipped Learning" (Talbert 2017) wird die freigewordene Präsenzzeit für vertiefende Übungen genutzt. Somit wird der klassische Unterricht umgedreht: Die Vermittlung der Grundlagen findet außerhalb der Präsenzphasen mit Hilfe der Videos statt, die Vertiefungsphase anhand von Übungsaufgaben findet in der Präsenzphase statt. Dabei wird vom Dozenten unterstützte Einzelarbeit, Partnerarbeit und Gruppenarbeit in verschiedenen Formen genutzt.
Zusammenfassung in einem Satz
Lehr-/Lernvideos werden im Sinne des Flipped Learnings für die Vermittlungsphase außerhalb der Sitzungen der Lehrveranstaltung genutzt.
Details
Lehr-/Lernvideos können entweder selbst erstellt werden oder es kann auf bereits bestehende Videos zurückgegriffen werden. Auf Videoplattformen wie youtube.com oder vimeo.com finden sich Videos zu vielen unterschiedlichen Themen. Auch viele Universitäten haben eigene Videoplattformen, wie z.B. lecture2go der Uni Hamburg.
Empirisch wurde gezeigt, dass Lehr-/Lernvideos eine effektive Form der Wissensvermittlung sein können (Kay 2012), insbesondere im Bereich der Statistiklehre (Lloyd/Robertson 2012).
Um die Präsenzphase ad hoc an den Lernerfolg der Studierenden anzupassen, können Mastery-Tests verwendet werden, die prüfen, inwiefern die Studierenden die in den Videos vermittelten Grundlagen bereits beherrschen (Handke 2015, S.119).
Vor dem Einsatz von Lehrvideos sollte das Lernen mit Videos mit den Studierenden geübt werden.
Das Pattern ist erprobt worden in:
- Übung
Meine Lösung hat primär damit zu tun:
- Inhalte für die Studierenden auszuwählen, anzuordnen, darzustellen, zu erklären, (digital) aufzubereiten, interaktiv zu machen etc.
Meine erprobte Lehrpraxis steht zur Forschung in folgender Beziehung:
- Die Lehrmaßnahme dient dazu, die Voraussetzung für forschungsnahes Lernen zu schaffen.
Digitale Medien spielen in meiner Lösung:
- Eine zentrale Rolle (bspw. reine Online-Lehre).
Das Pattern fördert primär:
- Rezeptive Aktivitäten (dienen dem Lesen, Anschauen, Zuhören)
- Übende Aktivitäten (dienen dem Ausprobieren, der Routinebildung etc.)
Kontext
Die Videos werden in einer Statistiksoftware-Übung im Rahmen der Methodenausbildung in den Studiengängen B.A. Politikwissenschaft und B.A. Soziologie eingesetzt.
Das Pattern ist erprobt worden an:
- Universität
Das Pattern ist in folgender Disziplin (oder mehreren) zu verorten:
- Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Die Zielgruppe des Patterns besteht primär aus:
- Studienanfängern
Folgen
Vorteile:
- Die Studierenden können sich die Grundlagen der Software in ihrem eigenen Tempo erarbeiten.
- Die Studierenden können sich die Videos in beliebigem Tempo ansehen, beliebig oft pausieren und die Videos wiederholt ansehen.
Nachteile
- Durch die erhöhte zeitliche Flexibilität kann es verstärkt zu Prokrastination bei den Studierenden kommen.
- Es kann zu einer geringeren Anwesenheitsquote in der Präsenzphase kommen.
Wirkungen
Kräfte
Lerntempo: Das Lerntempo der Studierenden ist in Statistiksoftware-Übungen sehr heterogen. Für die Studierenden, die mehr Zeit brauchen als ihre Mitstudierenden, kann es sehr frustrierend sein, wenn die Präsentation der Vorgehensweise bei statistischen Analysen für sie zu schnell geht.
Die Nutzung von Lehr-/Lernvideos erlaubt es, mit dieser Heterogenität im Lerntempo umzugehen, da jede/r in seinem/ihrem eigenen Tempo lernen kann.
Welche widersprüchlichen Anforderungen spielen in Ihrer bewährten Lehrpraxis eine Rolle?
- Lernen durch Zuhören/Lesen/Zusehen und Lernen durch eigenes Tun
Beispiele/ Weiterführende Informationen
Dokumente/ Anhänge
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Weiterführende Literatur
Handke, J. (2015). Handbuch Hochschullehre digital: Leitfaden für eine moderne und mediengerechte Lehre. Marburg: Tectum Verlag.
Kay, R. H. (2012). Exploring the use of video podcasts in education: A comprehensive review of the literature. Computers in Human Behavior, 28(3), 820–831. https://doi.org/10.1016/j.chb.2012.01.011
Lloyd, S. A., & Robertson, C. L. (2012). Screencast tutorials enhance student learning of statistics. Teaching of Psychology, 39(1), 67–71. https://doi.org/10.1177/0098628311430640
Talbert, R. (2017). Flipped learning: a guide for higher education faculty. Sterling, Virginia: Stylus Publishing, LLC.